Die 5 großen Irrtümer über Recruitingfilme

Die 5 großen Irrtümer über Recruitingfilme

Sascha Baron
von Sascha Baron

Unternehmen geben viel Geld für Online-Stellenanzeigen aus. Doch die zentrale Frage, warum ich mich ausgerechnet dort bewerben soll, beantworten sie nicht. Dabei wissen Personalchefs längst, was Bewerber von Arbeitgebern erwarten. Ein gutes Arbeitsklima zum Beispiel oder auch eine gute Work-Life-Balance. Diese weichen Faktoren lassen sich besonders gut mit Recruitingvideos veranschaulichen. Doch viele verstehen darunter etwas anderes.

Irrtum Nr. 1: Recruitingvideos = Imagefilme

Imagefilme sind Werbefilme. Sie sollen das Unternehmen besonders toll und imposant darstellen. Das gelingt mehr oder weniger durch schöne Bilder und eine sonore Off-Stimme. Werbung eben. Diese Videos sollen in erster Linie Endkunden, B2B-Kunden oder Aktionäre beeindrucken und für ein positives Image sorgen. 

Recruitingfilme haben eine völlig andere Zielgruppe. Es sollen keine Kunden, sondern potentielle Bewerber angesprochen werden. Und die haben klare Wünsche. Sie suchen einen Arbeitsplatz mit gutem Arbeitsklima und flexiblen Arbeitszeiten. 

Die Work-Life-Balance muss stimmen und ein sicherer Arbeitsplatz ist ihnen wichtig. Die Wünsche der Zielgruppe bestimmen den Inhalt und die Machart der Videos. Weiche Faktoren müssen in Mitarbeitervideos thematisiert werden, um sich auch von anderen Unternehmen abzugrenzen. 

Da man potentiellen Bewerbern kein X für ein U vormachen kann, müssen Recruitingfilme glaubwürdig und authentisch sein. Dies gelingt am besten mit journalistischen Darstellungsformen, wie Interviews (deshalb werden Recruitingfilme auch oft Mitarbeitervideos bezeichnet) und Reportagen. 

Eben keine Werbefilme. Jetzt sollte auch klar sein, warum Unternehmen ihre Imagefilme nicht für das Mitarbeiterrecruiting einsetzen sollten.

Irrtum Nr. 2: Recruitingfilme erhöhen die Zahl der Bewerber

Recruitingfilme zeigen die Arbeitswelt eines Unternehmens so wie sie ist. Potentiellen Bewerbern gefällt das, was sie sehen, oder eben nicht. Genau das ist gewollt. Bewerber, die aufgrund des Videos eine Bewerbung schicken, sollten grundsätzlich zum Unternehmen passen. Diejenigen, die sich gegen eine Bewerbung entscheiden, hätten dies ohne Video vielleicht nicht getan und wären spätestens in der Probezeit mit der Realität konfrontiert worden. 

In beiden Fällen gewinnt das Unternehmen. Nicht die Zahl der Bewerber steigt also, sondern die Wahrscheinlichkeit, den passenden Kandidaten zu finden.

Recruitingfilme sind also ein Instrument um das Matching zu erhöhen.


Genau deshalb ist es auch so wichtig, dass Recruitingvideos authentisch sind. Es nützt niemanden, eine bunte Arbeitswelt vorzugaukeln, die nicht der Realität entspricht.

Irrtum Nr. 3: Recruitingvideos müssen besonders originell sein

Ob ein Recruitingvideo besonders originell sein soll, hängt von zwei zentralen Fragen ab: Was will ich mit den Videos erreichen und wo sollen sie eingesetzt werden? Die meisten Firmen werden die Recruitingvideos in ihre Karriereseiten einbinden wollen. 

Auch in Kombination mit Online-Stellenanzeigen macht der Einsatz von Mitarbeitervideos Sinn. Die Filme können der ausschlaggebende Faktor sein, dass Jobsuchende eine Bewerbung losschicken. Aus der Langzeitstudie Recruiting-Trends der Uni Bamber

wissen wir, dass Arbeitnehmer Unternehmen bevorzugen, die ein besonders gutes Arbeitsklima haben. Auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sicherer Arbeitsplatz und flexible Arbeitszeiten werden immer wichtiger. 

Man kann sagen: Je jünger die Arbeitnehmer, desto wichtiger werden diese weichen Faktoren. Recruitingvideos sollten diese Soft Skills also aufgreifen. Gerade in einer jungen Zielgruppe. Dabei spielt die Authentizität eine entscheidende Rolle. Nur wenn ich als Bewerber das Gezeigte auch "abkaufe", werde ich ernsthaft über einen Arbeitsvertrag nachdenken.

Authentizität ist also wichtiger als Originalität

Nun spricht nichts dagegen, einen authentischen und originellen Film zu machen. Das kommt darauf an, welche Erwartungen ich an einen Arbeitgeber knüpfe. Eine Werbeagentur sollte sicherlich ein Video kreativer angehen, als ein Softwareentwickler. 

Eine Ausnahme stellen Videos dar, die ausschließlich auf den Arbeitgeber aufmerksam machen sollen. Sie werden beispielsweise in Online-Kampagnen eingesetzt. Dabei handelt es sich um sehr kurze Videos (Trailer), die bestimmte Zielgruppen (Entwickler, Vetriebsmitarbeiter, Ingenieure) ansprechen sollen. 

Die Videos sollen nur ein Ziel:  Potentiellen Bewerber auf die Karriereseite des Arbeitgebers "zu locken". Dort findet dann der Interessent genügend Gründe (auch in Form von Videos), um eine Bewerbung abzuschicken. Wie Unternehmen über das Ziel hinaus schiessen können, zeigt die "Parade des Schreckens". 

In diesen Videos wird getanzt, gerappt und gesungen was das Zeug hält. Offenbar wollten die Personalchefs hier besonders originell sein und "cool" rüberkommen. Letztendlich sind die Videos aber nur peinlich geworden.

Irrtum Nr. 4: Authentisch ist wenn die Kamera wackelt

Inspiriert durch Youtube, produzieren viele Unternehmen Recruiting-Videos in Eigenregie. Ihr Argument: Das Video wird besonders authentisch, wenn es mit einfachen Mitteln gedreht wird. 

Ein Amateurvideo mit Wackelkamera würde den authentischen Charakter nur unterstützen. Liebe Personal- und Marketingchefs, dies ist kompletter Unsinn. Ein schlecht produziertes Video ist was es ist. Ein schlecht produziertes Video. Klassische Anfängerfehler:

  • Miese Tonqualität: Man vergisst externe Tonquellen und nutzt das kamerainterne Mikrofon. Die Folge: Man versteht die O-Töne schlecht oder gar nicht.
  • fehlende Dramaturgie: Es fehlt schlicht ein geeignetes Drehkonzept. Die Folge: Es gibt keinen roten Faden und keine Spannungsbögen. Der Sinn des Videos ist oftmals nicht klar.
  • schlecht ausgeleuchtete Protagonisten: Drehorte werden nicht nach Lichtsituation ausgewählt oder es fehlt schlicht an geeigneter Beleuchtung. Die Folge: Protagonisten sitzen im Dunkeln, es sieht alles sehr düster aus.
  • falsche Interviews: Protagonisten schauen direkt in die Kamera, statt zu einem Fragesteller neben der Kamera. Die Folge: Protagonist wirkt sehr unbeholfen.
  • ungenügende Bearbeitung des Filmmaterials: O-Töne werden gar nicht oder schlecht geschnitten. Grundlegende Techniken (Gegenschnitt, Jumpcut) werden nicht genutzt. Die Folge: Der Film wird viel zu lang, langweilig und setzt den Fokus nicht auf die richtigen Themen.

Manche Unternehmen sind wirklich der Meinung, dass die Auszubildenden im Haus in Eigenregie einen Recruitingfilm für Azubis drehen können. Nach dem Motto: Die sind jung, kennen sich mit Internet aus und kennen die Zielgruppe. Also können die auch Video. 

Man nimmt also bewusst ein schlecht produziertes Video in Kauf, weil es ja "authentisch rüberkommen soll". Wie Azubis trotzdem ein professionelles Recruiting-Video aktiv mitgestalten können, zeigt das Beispiel der Leifheit AG.

Hier haben die Auszubildenden im Rahmen eines Workshops einen Recruitingfilm unter meiner Anleitung produziert.

Irrtum Nr. 5: Recruitingfilme sind kein "must-have"

In den nächsten Jahren werden immer weniger Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Das heißt: Unternehmen stehen im harten Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche der Arbeitnehmer. Videos werden deshalb zum festen Bestandteil im Employer Branding werden. Aus 3 Gründen:

  • Recruitingfilme bieten die beste Darstellungsform um Soft Skills authentisch darzustellen, wie z.B. Arbeitsklima und Work-Life-Balance
  • Videos passen besser zum Nutzungsverhalten von jungen Menschen, die vor allem unterwegs online sind. Videos sind für Smartphones und Tablets der ideale Content.
  • Derzeit findet ein Wandel in der PR statt. Soziale Medien zwingen Unternehmen, ihre Unternehmenssprache zu überdenken, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Klassische Werbung funktioniert nicht mehr. PR wird immer mehr ehrlicher und direkter. Recruitingvideos tragen diesem Trend Rechnung.

Im Blogbeitrag 7 Gründe warum Recruiting-Videos unverzichtbar werden stellen wir die These auf, dass bereits in 5 Jahren jedes zweite Unternehmen Recruitingvideos einsetzen wird. Das Instrument wird zum "must have".

Sascha Baron
Sascha Baron
Gründer und Geschäftsführer

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