In nullkommanix war der Viralhit perfekt: "Auch wenn die Raser das nicht gerne wollen, machst du ab heute die Verkehrskontrollen", skandierten zwei rappende Polizisten in einem Azubi Video. Der Film verbreitete sich in Windeseile im Netz und räumte mit der goldenen Runkelrübe sogar einen Preis ab.
Allerdings einen unrühmlichen. Der Negativ-Award geht an Personalwerbung, die so schlecht gemacht ist, dass sie schon wieder preiswürdig ist. Vier Schritte, wie Unternehmen es besser machen können. Beispiele von der Sorte "peinliche Arbeitgebervideos" gibt es zuhauf.
So versuchte auch ein Handwerkerverband per Azubi Video bei Jobanwärtern zu punkten - mit viel nackter Haut, martialischer Musik und Totem-Symbolen. Über das ganze Flammeninferno vergaßen die Video-Macher allerdings eines: Warum sollte man sich gleich nochmal bewerben? Chance vertan.
Arbeitgeber sollten die Kandidatenansprache via Video indes nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn Azubis sind rar: Bereits zu Beginn 2014 konnten rund 20.000 Lehrstellen nicht besetzt werden – dreimal so viele wie noch 2009. Tendenz steigend.
Bis 2030 wird sich die Zahl der Auszubildenden laut der Bertelsmann-Studie "Chance Ausbildung - jeder wird gebraucht!" um weitere 17 Prozent reduzieren. Zurückzuführen ist das auf den demographischen Wandel, aber auch darauf, dass sich immer mehr junge Menschen nach der Schule für ein Studium entscheiden.
Was macht das mit den wenigen Azubis, die dem Arbeitsmarkt noch zur Verfügung stehen? Sie werden anspruchsvoller! Einfach, weil sie es sich leisten können: Sie suchen sich numal ihre Arbeitgeber aus, nicht mehr umgekehrt.
Arbeitgeber müssen sich also anstrengen, wenn sie beim Nachwuchs punkten wollen. Dazu sollten sie nicht nur mit besten Bedingungen aufwarten, sondern diese auch in den Kanälen bewerben, in denen sich die Zielgruppe tummelt. Junge Bewerber auf klassischen Wegen zu erreichen, ist praktisch vergebene Liebesmüh:
Sie lesen keine Zeitung, hören wenig Radio und Fernsehen ist seit Netflix und Co. ebenfalls out. Dass Arbeitgeber bei der Kandidatenansprache in Richtung Social Media schielen, ist daher nur logisch: Insbesondere die Generationen Y und Z sind digitalaffiner als die Generation X oder die Babyboomer vor ihnen.
Sie sind mit mobil verfügbarem Internet, Smartphones und Tablets aufgewachsen und fühlen sich mehr als andere beispielsweise von Bewegtbildern, gut gestalteten Kampagnen mit Mehrwertinformationen, informativen Grafiken und Umfragen angesprochen, die sie über Facebook, What’sApp und Co. im Handumdrehen erreichen.
Nach eigener Einschätzung sind Jugendliche an einem durchschnittlichen Wochentag 208 Minuten online, in der Zielgruppe der den 18- bis 19-Jährigen liegt dieser Wert sogar bei 260 Minuten.
Doch der Forschungsverbund Südwest (mpfs), der für die JIM-Studie jährlich repräsentative Basisdaten zur Mediennutzung Jugendlicher in Deutschland erhebt, hat noch mehr herausgefunden. Der Großteil der Online-Zeit entfällt auf die Kommunikation (40 Prozent) über Communities und Messenger.
Ganz vorn liegen die Portale WhatsApp und Facebook. 81 Prozent schauen sich mindestens mehrmals pro Woche Videos oder Clips an – auch zur Informationsbeschaffung.
Beste Chancen also für die Verbreitung von Azubi Videos. Schließlich sind die Kurzfilme der ideale Content für soziale Medien und lassen sich auch mobil auf Smartphone und Tablets wunderbar nutzen. Stichwort: Mobile Recruiting.
Die Rekrutierung wird mobil. Bewerber haben heute den Anspruch alle Informationen über einen Arbeitgeber und dessen vakante Stellen unterwegs per Fingertipp abzurufen. Dem sollten Arbeitgeber nachkommen, wollen sie den Anschluss an die junge Zielgruppe nicht verpassen.
Arbeitgeber haben das inzwischen aber auch erkannt. Laut der Studie Recruiting Trends 2016 von der Universität Bamberg bewerten sieben von zehn Unternehmen den Einsatz von Social Media im Recruiting als positiv - 21 Prozent mehr als noch im Jahr 2012.
Damit eine Social Recruiting Strategie aufgeht, müssen die geteilten Inhalte die Erwartungen der Zielgruppe erfüllen. Und hier liegt die Krux: Beim Dreh von Azubi Videos versuchen sich Arbeitgeber gegenseitig mit extravaganten Kurzfilmen zu übertrumpfen.
Aus Angst, dass das Video staubtrocken wirken könnte, wenn es "nur" den Firmenalltag widerspiegelt, greift mancher Betrieb zu einem Szenario, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat und kommuniziert direkt an der Zielgruppe vorbei.
Denn Bewerber erwarten von Arbeitgebern keine Szenen mit Feuerinferno, ölverschmierter Haut und lasziven Gesten. Sie wollen Informationen
. Welche, das lässt sich ebenfalls aus der Studie Recruiting Trends herauslesen:
Und: Lachende Gesichter, ein dynamischer Schnitt, flott erzählte Inhalte, gute Musik sowie abwechslungsreiche Aufnahmen sind weit weg von staubtrocken und verleihen den Bildern Lebendigkeit und zahlen positiv auf das Arbeitgeberimage ein.
"Die Zielgruppe braucht Orientierung bei der Berufswahl und muss das Gefühl haben, dass der Arbeitgeber der richtige ist", bringt es Recruiting-Video Spezialist Sascha Baron auf den Punkt.
Der gelernte Journalist produziert mit DREILANDMEDIEN Arbeitgeber- und Azubi Videos u.a. für die LVM Versicherung und die Schaeffler Gruppe.
"Wohlfühlfaktoren werden für Mitarbeiter immer wichtiger, gerade für junge Menschen sind ein gutes Arbeitsklima und Work-Life-Balance ein Muss. Recruiting-Videos können diese weichen Faktoren sehr glaubhaft darstellen. Wenn echte Mitarbeiter im Video zu Wort kommen."
Besonders hoch im Kurs stehen daher Erfahrungsberichte anderer Azubis. Denn Stellensuchende legen Wert auf eine persönliche Ansprache - auch das ein Ergebnis der Studie aus Bamberg. Und die gelingt in einem Azubi Video nun mal am besten, wenn nicht der Chef von oben herab den Tagesablauf eines Azubis schildert, sondern der junge Kollege aus dem zweiten Lehrjahr seine Erfahrungen selbst.
"Das ist Kommunikation auf Augenhöhe", sagt Arbeitgeber-Spezialist Sascha Baron. "Der Auszubildende schildert aus seiner persönlichen Sicht die Arbeitsabläufe. Aber nicht nur das. Er kann glaubhaft berichten, warum die Arbeit im Unternehmen Spass macht." Zusammenfassen lässt sich das mit einem Wort: Authentizität.
Wollen Unternehmen passende Bewerber auf sich aufmerksam machen, müssen sie sich zeigen, wie sie wirklich sind, damit die Bewerber von Anfang an die richtigen Vorstellungen haben. "Nur wenn der Bewerber die richtigen Vorstellungen hat, kann das Unternehmen den passenden Kandidaten finden", sagt DREILANDMEDIEN-Geschäftsführer Sascha Baron. "Deshalb ist auch die Authentizität
so wichtig. Ich muss nicht jeden vom Unternehmen überzeugen wollen, sondern nur diejenigen, die wirklich zum Unternehmen passen. So kann das Matching deutlich verbessert werden."
Unternehmen verwechseln allerdings oftmals eine authentische Darstellung mit Wackelvideos in Eigenregie. Dabei ist das Gezeigte durchaus authentisch. Allerdings fehlt oftmals die Botschaft und das Video wirkt amateurhaft. Kein gutes Aushängeschild für das Unternehmen. Häufige Fehler sind:
Dazu muss es aber im Vorfeld einen redaktionellen Plan und ein klares Briefing geben."
Viel zu oft nutzen Arbeitgeber ihre Kanäle aber zu wenig oder gar nicht aus. Oft werden sie lediglich auf der Karriereseite der Unternehmenshomepage eingebunden und dann "vergessen".
Doch es gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, den Film zu streuen und sein Potenzial auszunutzen: